ich habe mich dazu entschlossen, meine (ohnehin noch unvollständige) Vorstellung aus dem Vorstellungsthread zu nehmen und dafür einen eigenen Thread zu eröffnen. Das wird ansonsten zu unübersichtlich für diejenigen, die sich die Story einigermaßen flüssig zu Gemüte führen möchten. Außerdem kann ich so prima testen, ob ich als Mod-Frischling dazu fähig bin, einzelne Beiträge zu verschieben ...
Zitat von ScheinwerferheinzIch sehe schon, Du hast Nachholbedarf.
Jou, hab' ich. Aber - wie hätte es auch anders sein können? - ich kriege es traditonell nicht gebacken, meine beiden Vorstellungsbeiträge in diesen Thread hier zu verschieben. Ich hab' sie ausgewählt und angeklickt, doch dann erscheint plötzlich nicht mehr die Verschiebe-Option, sondern nur noch die Möglichkeit, sie zusammen zu führen...
Zitat von ScheinwerferheinzIch sehe schon, Du hast Nachholbedarf.
Jou, hab' ich. Aber - wie hätte es auch anders sein können? - ich kriege es traditonell nicht gebacken, meine beiden Vorstellungsbeiträge in diesen Thread hier zu verschieben. Ich hab' sie ausgewählt und angeklickt, doch dann erscheint plötzlich nicht mehr die Verschiebe-Option, sondern nur noch die Möglichkeit, sie zusammen zu führen...
Gruise, Paule
Du kommst aber mit komplizierten Sachen, solche Transaktionen waren hier bislang nicht nötig.
Auf massives Drängen seitens der Geschäftsführung stelle ich mich auch mal vor...
Kurz ( ) zu mir:
Ich bin der Paule, obwohl ich offiziell Uwe heiße - ein damaliger Modename, den ich meinem Vater zu verdanken habe. Der war nämlich Fußballfan, um nicht zu sagen, ein FußballnaRRR. Eigentlich schon so was wie eine latente Hooligan-Vorstufe . Tja, und da dachte sich mein alter Herr, dass er sich - wenn er schon keinen Baum pflanzt oder ein Haus baut - wenigstens einen eigenen "Uns Uwe (Seeler)" erschafft.
Zum Fahrrad bin ich gewissermaßen über's Motorrad gekommen. Ein Großteil meiner Verwandtschaft mütterlicherseits lebte damals in Calbe/Saale (ehemalige DDR), mein Onkel hatte einen IWL-Roller (Berliner Roller), mein Cousin eine MZ ES 150. Und dann stand da noch eine 200er Ardie, Bj. 1938, auf dem Hof. In diese Maschine hatte ich mich gnadenlos verknallt. Nur leider war sie nicht fahrbereit, und selbst wenn sie es gewesen wäre, hätte ich als Vierjähriger nicht drauf fahren können.
Zu Weihnachten 1968 bekam ich mein erstes Fahrrad geschenkt, ein 18-Zöller-SSP von der Metro. Genau zu meinem fünften Geburtstag brachte meine Oma mir das Fahren ohne Stützräder bei. Da eröffnete sich mir eine neue Welt! Gleich einem Adler, flog ich nur so über die Gehwege unserer Siedlung, und - da ich von Fahrphysik und z. B. der Auswirkung von Bausand auf Gehwegplatten keinen blassen Schimmer hatte - auch oft genug auf die Schnauze. Als ich es raus hatte, wie man "richtig" stürzt, sich also gezielt lang macht, erhob ich die Sache zu einer Kunst und war mehrere Wochen als Stuntman unterwegs.
Ich liebte mein Rädchen so sehr, dass ich ihm den Nimbus der Unzerstörbarkeit andichtete. Bis zu einem gewissen Grade erwiderte mein treuer Begleiter diese Liebe auch, doch irgendwann gerieten wir beide an einen Punkt, an dem das Rad mir aufzeigte, wie weit der Begriff "Verschleißteil" gefächert sein kann. Dass der hintere Reifen dazu zählte, dämmerte mir schon, als - infolge permanenter Vollbrems-Orgien - das Profil zusehends verschwand, dann gar nicht mehr da war, plötzlich an immer mehr Stellen so komische helle Fäden durchschimmerten und eines Tages eine graue Blase dazwischen auftauchte, die schnell größer wurde und es PENG machte...
Ich hatte die mahnenden Worte der Nachbarn, die mich bei meinen Bremsattacken ja prima hatten beobachten können, immer für Ammenmärchen gehalten, aber nun war es soweit . Wohl oder übel kaufte mein Vater einen neuen Reifen und einen neuen Schlauch. Als nächstes Verschleißteil entpuppte sich der Gepäckträger, obwohl ich zwar nie Gepäck mitnahm, dafür aber schon mal Kumpels transportierte. Zu reparieren gab's da auch nix, weshalb ihn mein Vater kurzerhand demontierte. Wie es dazu kam, dass nacheinander auch beide Schutzbleche ihren Geist aufgaben, kann ich heute nicht mehr nachvollziehen, aber die wurden ebenfalls abgeschraubt. Mir gefiel das sogar, weil mein Bike jetzt richtig cool aussah.
Zudem hatte dieser Strip den unschätzbaren Vorteil, dass nun praktisch nichts mehr kaputt gehen konnte. Dachte ich. Wie ein Alki, der sich nach "erfolgreichem" Entzug sagt:"Och, ein Bierchen wirste ja wohl mal trinken können...", wagte ich zaghaft ( ) erste neue Vollbremsungen, doch schnell hatte ich mein altes Level wieder erreicht. War wieder voll drauf, konnte nicht anders. Das alte Spiel begann von vorne. Trotzdem ging ich diesmal besonnener an die Sache ran. Ich übte mich im kontrollierten Bremsen und behielt den HR-Reifen genau im Auge, um Vati frühzeitig wegen eines neuen Reifens anbetteln zu können, damit der sich wenigstens den Kauf eines neuen Schlauches sparen konnte.
Trotz dieser Sicherheitsvorkehrung hatte es sich eines Tages ausgebremst. Die Rücktrittbremse war keine Rücktrittbremse mehr, sondern nur noch ein Rücktritt ! Schulmeisterlich hatte mich mein Rad gelehrt, dass es tatsächlich mehr Verschleißteile gibt, als ich zu glauben wagte. Mein Vater hatte "den Kaff auf" und stellte das Rad in den Keller. Zum Glück verfügte ich zu der Zeit über Ausweichfahrzeuge, und zwar waren dies ein kleiner Kunststoff-Trecker (ein kleiner Lanz also) und ein 50er-Jahre-Opel-Kettcar. Während der Lanz den Stunts nicht lange gewachsen war und bald das Zeitliche segnete, erwies sich mein Opel mit seinem ursoliden Stahlrohrrahmen und den Vollgummi-bereiften Scheibenrädern als weitaus resistenter. Mit dem konnte ich unbesorgt volles Programm vor die Hauswand knallen und Unfall spielen.
Natürlich wollte ich trotzdem mein Rad zurück, und ein - für mich jedenfalls - glücklicher Umstand wollte es, dass das Kunststoff-Tretlager des 16"-Rädchens meiner jüngeren Schwester den Geist aufgegeben hatte. Mein Vater, ein Improvisationskünstler vor dem Herrn, implantierte also das 16"-HR in mein Rad, und ich konnte wieder fahren ! Jetzt hatte ich eine echte Enduro, zumindest was die unterschiedlichen Radgrößen betrifft. Allzu lange sollte meine wiedergewonnene Mobilität jedoch nicht währen, denn es traten innerhalb kurzer Zeit zwei unvorhersehbare Ereignisse ein. Zuerst brach der Sattel ab. Ein Missstand, dem ich ganz pragmatisch damit begegnete, dass ich eben nur noch im Stehen fuhr. "HAHAHAAA, du fährst ja ein Rad für Mädchen!", riefen die älteren Jungs. Eine Anspielung, deren tiefere Bedeutung ich erst viel später begreifen sollte.
Tja, und dann, ich war gerade zu Besuch bei einem Schulkollegen, wurde mir das Rad tatsächlich gestohlen! Es brach so was wie der berühmte Steckrübenwinter für mich an...
Ich war also wieder Fußgänger. Da ich jedoch als nunmehr Achtjähriger über eine Menge Schulfreunde verfügte und mit denen noch ein anderes Hobby teilte (Rumstreunen und schön viel Mist bauen ), war es, was soziale Kontakte betrifft, eine sogar eher förderliche Zeit, die ich ohne eigenes Rad zubrachte. Und ich konnte mich in aller Ruhe am Markt orientieren. Die Ära der 24"- und 26"-Jugendräder mit Torpedo-Dreigangschaltung neigte sich ihrem Ende zu. Viele der 12-15-jährigen Jungs hatten solche Räder, die fast alle aus einem Wurf zu stammen schienen, denn sie waren überwiegend in goldener Farbe lackiert. Und jeder hatte sie nach eigenem Geschmack mit Rückspiegeln, VDO-Tachos, Laufklingeln und allerlei Firlefanz aufgerüstet.
Es war aber auch eine Zeit, zu der verstärkt Räder in einem völlig neuen Design auf den Straßen auftauchten. Das waren die Poloräder, die heute gerne als Bonanzaräder bezeichnet werden. Das trifft es eigentlich viel eher, aber damals hießen sie - und da bin ich mir nahezu 100%ig sicher - Poloräder. Sie hatten Bananensättel mit kurzer oder hoher Sissybar, eine angedeutete Federgabel und einen zweigeteilten Bonanzalenker. Sie waren DIE SHOW! Mir war vollkommen klar, dass ich auch solch ein Rad haben musste. Taktisch nicht unklug, behielt ich meinen Wunsch aber erst mal für mich, denn ich wollte noch einige Zeit verstreichen lassen und hoffte darauf, dass mein Vater dann möglicherweise das Schicksal meines ersten Rades vergessen haben könnte.
Als das Frühjahr '73 gekommen war, tagte der Familienrat über den Fahrradkauf. Meine Mutter - die erste Radfahrerin der Familie - hatte es geschafft, meinen Vater davon zu überzeugen, sich doch auch endlich ein Rad zuzulegen. Und weil meine Schwester und ich sowieso neue Räder benötigten, sollten in einem Aufwasch direkt drei Stück gekauft werden. Ich ließ meinen ganzen Bengel-Charme spielen und brachte ein Polorad zur Sprache. Noch heute sehe ich das verärgerte Gesicht meiner Mutter und höre das Gelächter meines Vaters. Ob ich sie denn für total bescheuert hielte, ob ich denn schon vergessen hätte, was ich mit dem letzten Rad veranstaltet habe, hieß es. Trotz ihres Alters hatten meine Eltern also noch ein erstaunlich gutes Gedächtnis - da war Hopfen & Malz verloren...
Tja, es gab damals nämlich noch eine andere Gattung von Rädern, die ihre ganz große Zeit hatten und die Jung und Alt und Groß und Klein fahren konnten. Die passten sogar in einen Autokofferraum. Rrrrrichtig, ich meine die Klappräder !!! Im Sinne von "Vogel, friss oder stirb" hieß es für mich nun: Nimm ein Klapprad oder geh zu Fuß! Wenn man in den Lauf der großkalibrigen elterlichen Autorität blickt, bleibt einem keine Wahl. Ich "entschied" mich für ein dunkelrotes Klapprad. Laut Rahmenaufkleber hörte es auf den Namen "Exklusiv", "Rekord", "Luxus" oder irgend so 'nen Phantasie-Scheiß ...
Zitat von ScheinwerferheinzSag nix gegen rote Klappräder, ich hatte auch mal eins.
Okay, wenn das jetzt bei Dir im Wohnzimmer in der Vitrine steht, halt' ich die Klappe.
Ich kann mich gar nicht mehr erinnern was aus dem Ding geworden ist.
Wunderbar, Hynce, dann kann ich ja weiter vom Leder ziehen ...
Teil 4:
Ich kann mich noch vage an den Nachmittag erinnern, an dem QUELLE - meine Mutter war Stammkundin dort - die drei Räder lieferte. Alle befanden sich in einem Zustand freudiger Erregung. Das heißt, fast alle, denn mit meiner Freude verhielt es sich eher so wie bei der eines Mannes, der zum hundertundachtundzwanzigtausendsten Male ein Paar Socken von seiner im Ehesumpf vor sich hin dümpelnden Frau zu Weihnachten geschenkt bekommt. Es kostete mich einiges an emotionaler Energie, wenigstens ein Hauch von Dankbarkeit aufflackern zu lassen. Mit fast neun Jahren war ich alles andere als versiert, was das Erkennen oder auch nur Einschätzen der Qualität von Fahrradkomponenten angeht, doch nach intensiver wie auch hoffnungsloser Inspektion erkannte ich eines sofort: Alles, wirklich alles an diesem Ding war billig.
Billig, bieder, banal und blamabel. Die Hinterradnabe war eine "Jet". Der Name sollte wohl infernalische Geschwindigkeit suggerieren, aber - wie ich heute weiß - diese Nabe spielte in der Fichtel & Sachs-Hierarchie so ziemlich die allerletzte Geige. Die Lichtanlage war von "DANSI" (welch ein Name schon ), der Plastikmüll-Scheinwerfer sah einfach nur übel aus, und der Dynamo trug das Stigma "Made in GDR". Gut möglich, dass das gesamte Rad aus der DDR stammte - abgesehen von der Jet-Nabe. Vorne sollte eine dieser unsäglichen Stempelbremsen für Verzögerung sorgen, und zwar eine mit Bowdenzug. Also kein Fortschritt gegenüber meinem Kinderrad. Aus heutiger Sicht fühlte ich mich so wie die Mutter, die sich irgendwie mit ihrem ungeliebten Kind arrangieren muss. Mit dem Kind, das alle Charakterzüge des Ex-Partners trägt, welcher durch und durch ein mieses Schwein gewesen ist.
Nun lautete die Devise, sich in einem autodidaktischen Crash-Kurs ein unerschütterliches Selbstbewusstsein anzueignen, denn ich musste mit dem Rad schließlich auch fahren. In der Öffentlichkeit und im Kreise meiner Freunde. Das sah dann überwiegend so aus, dass ich jedem erzählte, wie scheiße ich mein Rad doch fand. Damit hatte ich allen Spöttern den Wind aus den Segeln genommen, und niemand brauchte mir mehr zu sagen, wie scheiße er mein Rad doch fand. Ganz objektiv musste ich eines jedoch feststellen: Das Rad fuhr sich ganz klar besser als mein letztes ...
Es begann die Zeit der gemeinsamen Familienausflüge. Waren das vor nicht allzu langer Zeit noch langweilige Sonntagsspaziergänge mit einem äußerst beschränkten Aktionradius gewesen, so erweiterte sich mein Horizont jetzt ganz gewaltig. Nur erwiesen sich dabei einige Faktoren als etwas störend. Meiner Mutter passte das Tempo, das Vater vorgab, nicht. Meinem Vater passte die Nonchalance nicht in den Kram, die meine Schwester beim Fahren an den Tag legte - und die mehr als einmal zu kleinen innerfamiliären Crashs führte. Und Mutter und Schwester gefiel es nicht, wenn Vater sich verfuhr, dabei aber vortäuschte, absolut im Bilde zu sein.
Mir war das alles egal, denn ich wollte nur fahren und mich im Wald in Abenteuer hinein träumen. Mich störte es auch nicht, wenn Vater sich irgendwo verfranste, denn ich war mir ganz sicher, dass wir irgendwie und -wann schon wieder nach Hause zurück fänden. Kurzum: Die sich aus diesen Unstimmigkeiten ergebenden Streitsituationen führten dazu, dass schon sehr bald nur noch mein Vater und ich unsere Wochenendtouren fuhren. Daraus ergab sich für mich der unschätzbare Vorteil, meinen Vater ganz subtil auf Umbau-/Nachrüstwünsche aufmerksam machen zu können, denn der war, was finanzielle Dinge betraf, viel großzügiger als meine Mutter ("Papa, was hältst du von 'nem Tacho für mein Rad?! Dann wüssten wir beide, wie lang unsere Touren sind. Wär' doch toll oder...?!").
So hatte ich immerhin schon mal 'nen Huret-Tacho - die Skala der VDOs sagte mir nicht so zu - am Rad, die Geschwindigkeitsanzeige reichte bis 60km/h. Ich weiß noch genau, dass ich am ersten Tag 42km fuhr, nur in unserer vielleicht 350 Meter langen Straße. Die regelmäßigen Touren zum Düsseldorfer Flughafen á 35km trugen ihr Übriges dazu bei, dass schon bald der erste 1.000er auf dem Zähler stand. Da mir allerdings besonders der Sattel ein Dorn im Auge gewesen war, hatte ich Vater zwischenzeitlich weiter bearbeitet und ihm einen Bananensattel aus dem Kreuz geleiert . Einen mit kurzer Sissybar, denn die lange Version hätte nicht mit dem originalen Lenker harmoniert.
Der mit schwarzem, feinnarbigem Kunstleder bezogene Bananensattel machte sich echt gut auf dem Rad - jedenfalls so gut, wie sich solch ein Sattel auf einem Klapprad machen kann. Er war so niedrig wie möglich montiert, was dem Rad eine schöne gestreckte Linie verlieh. Um die optimale Sitzposition zu erreichen, konnte ich ja in der Horizontalen variieren. Obwohl für's Erste halbwegs zufrieden, zerbrach ich mir den Kopf darüber, wie ich die Optik in Richtung Polorad "perfektionieren" konnte. Um diesen zweiteiligen Lenker zu montieren, hätte es natürlich einer dementsprechenden Gabel bedurft, und mir war klar, dass ich meinem Vater mit diesem Vorschlag gar nicht erst zu kommen brauchte, weil eine solche Aktion den finanziellen Rahmen gesprengt hätte.
Doch dann entdeckte ich während eines meiner zahllosen Streifzüge durch die örtlichen Fahrradgeschäfte einen einteiligen Hochlenker! Es war praktisch die geschrumpfte Version des klassischen Apehangers, dem typischen Motorrad-Chopperlenker. Nachdem ich also den Tacho und den Bananensattel erquengelt hatte, war es nur eine Frage der Zeit, bis mir mein Vater diesen Lenker kaufte . Rasch war das Teil durch den Vorbau geschlängelt; die einzige Schraube, die gleichzeitig den Konus im Gabelschaft hielt und den Lenker festklemmte, wurde mit dem einzigen Fahrradwerkzeug, das unser Haushalt besaß, angezogen. Mit einem dieser "Universal-Schraubenschlüssel", im Volksmund Knochen genannt. Heute würde man wahrscheinlich Multi-Tool dazu sagen. Multi-Tool für den Multi-Fool ...
Weil der Bowdenzug der Bremse logischerweise viel zu kurz war, um den Bremsgriff dort zu befestigen, wo er eigentlich hin gehört, wurde er einfach am senkrechten Rohrteil montiert. Bald darauf schraubte ich die Bremse ab und warf sie in den Müll, da ich das Teil ohnehin nie benutzte. Außerdem ergab sich dadurch eine schöne cleane Optik . Es dauerte einige Wochen, bis ich die für mich günstigste Lenkerneigung rausgefunden hatte. Und irgendwann begann der Lenker, seine eigene Neigung zu suchen, indem er sich permanent löste. Ich erhielt meine erste Lektion in Sachen Hebelwirkung. Da die Qualität der Lenkerklemm- und Konusschraube ebenso zu wünschen übrig ließ wie der nicht ganz passgenaue Knochen, war ich mittlerweile dazu übergegangen, eine Wasserpumpenzange zum Festziehen zu benutzen.
Wenn man dann noch mit dieser Zange häufiger vom Schrauben-Sechskant abrutscht, bedarf es keiner allzu ausgeprägten Phantasie, um sich vorstellen zu können, wie dieser "Sechskant" inzwischen aussah. Aber egal, während des Beschleunigens griff ich den Lenker eben unten in der Mitte und hatte meine Ruhe. Leider hatte der Tacho-Antrieb nach nicht einmal 2.000km sein Leben ausgehaucht, ich demontierte ihn kurzerhand. Nun begab es sich, dass ich nach wie vor Vergleiche zu den Originalen, den Polorädern, zog. Die hatten schöne kurze Schutzbleche, nicht solche hässlichen, wie ich sie an meinem Rad sah. Dem musste abgeholfen werden! Weil ich meinen Vater nicht schooon wieder anquatschen konnte - denn dann hätte er mir von vornherein direkt ein Polorad kaufen können -, stellte ich Überlegungen an, wie ich den vorhandenen Blechen eine akzeptable Optik verleihen konnte...
Ich hatte weder eine Metallsäge noch eine Flex, einen Dremel oder eine Blechschere im Repertoire, aber ich musste wohl das Improvisations-Gen von meinem Vater geerbt haben. So löste ich die Achsmuttern des Vorderrades, zog die Schutzblechstreben ab und knickte das Blech an der gewünschten Stelle nach oben weg. Bog es wieder nach unten, nach oben, nach unten usw. Es ließ sich von Mal zu Mal leichter biegen, riss ein, die Risse wurden größer, und irgendwann brach es einfach ab . Dass ich damit einen Praxistest auf dem Gebiete der Materialermüdung vollführt hatte, sollte ich erst einige Jahre später während der Schlosser-Ausbildung erfahren.
Nun gut, die Bruchkante sah nicht besonders formvollendet aus, andererseits unterstrich dieser schartige Abschluss aber das brutale Chopper-Design. Beim hinteren Blech verfuhr ich dann genauso. Mann, sah das abgefahren aus ! Obwohl die Lenkerklemmschraube, wie bereits erwähnt, dem Hebel des Lenkers nicht unbedingt gewachsen war, verleitete der hohe Lenker dazu, mich ab und an in Wheelies zu üben, also ein paar Meter nur auf dem Hinterrad zu fahren. Das war z. B. dann sehr hilfreich, wenn ich mal wieder in voller Fahrt vom Gehweg auf die Straße wechselte und zu dem Zweck das Vorderrad lupfte, um gekonnt zuerst auf dem Hinterrad zu landen.
Logisch, dass bei diesen Aktionen schon mal der Lenker nach hinten wanderte. Nach der Landung einmal energisch nach vorne gedrückt, war die Sache aber wieder im Lot . Als genau eine solche Korrektur nach einer besonders harten 30km/h-Landung mal wieder auf dem Programm stand, wunderte ich mich darüber, dass der Lenker selbst sich eigentlich gar nicht bewegte. Irgendwie schien es, als bewegte sich das halbe Rad vor und zurück. Nach intensiver Fehlersuche am Straßenrand traute ich meinen Augen nicht - neben der Schweißnaht vor dem Klappmechanismus klaffte ein fetter Riss !!! Mit Improvisation war dem nicht mehr beizukommen.
Da es sich offensichtlich um einen Totalschaden handelte, zog ich es zuerst in Erwägung, den Kauf eines Polorades vorzuschlagen, weil deren Rahmen nun doch viel stabiler sind. Aber dann dachte ich mir, dass der Zustand meines Choppers ja nicht gerade die beste Referenz für eine solche Idee darstellte. Nachdem mein Vater kopfschüttelnd und mit gehobenen Augenbrauen den Schaden betrachtet hatte, meinte er, dass er das schweißen könnte. Er sagte mir allerdings auch, dass die Schweißnaht selbst auf jeden Fall hielte, das Material drumherum aber nicht unbedingt, wenn ich weiterhin so mit dem Rad umspränge ...